Kurz vor Fertig, und dann wird alles egal

Hallo, liebe Dauerläufer! Heute geht es um die Nähe zu Zielen und was diese Nähe mit der Qualität des Outputs zu tun hat. Denn darin liegt echt eine riesige Falle. Warum? Weil die Nähe von Zielen in uns Menschen etwas auflöst. Irgendwie scheint das bei uns Menschen ganz offensichtlich sehr, sehr merkwürdig angelegt zu sein.

Du kennst das sicherlich auch. Ein Ziel ist zum Greifen nah. Im Business, im Privatleben oder da, wo sonst noch Beziehungen stattfinden. Du kannst das Ziel schon spüren und vor allen Dingen auch die Belohnung, die dann naht. Die Belohnung für all deine Arbeit. Ich möchte hier nicht über das Parkinsonsche Gesetz mit dir sprechen, also über den Grundsatz, dass Arbeit sich in genau dem Maß ausdehnt, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht. Da ist etwas anderes. Ich möchte mit dir über die Macht der Disziplin sprechen und die Frage, wie wir unseren Willen trainieren können.

Schöne Aussicht und wie sie Gedanken verzerrt

Roy F. Baumeister hat mich zu diesem Thema hier inspiriert. Das ist ein Professor für Sozialpsychologie in Australien, der sich auf Selbstkontrolle und Motivation spezialisiert hat und ein Buch geschrieben hat: „Die Macht der Disziplin. Wie wir unseren Willen trainieren können“. Steht auch noch einmal in den Shownotes.

Lass’ dich mit mir auf eine ganz kurze Reise ein. Ich möchte mit dir ein Gedankenexperiment machen und mit dir überlegen, was das für dich bedeutet. Die Gedanken, die gleich durch deinen Kopf schießen, kenne ich aus meinem Business. Naja, es wäre eigentlich gelogen, wenn ich sage, dass ich das nur aus meinem Business kenne und nicht auch noch aus anderen Bereichen in meinem Leben, in denen diese Gedanken so funktionieren.

Also: Nimm’ mal an, du gewinnst in der Lotterie und hast Folgendes zur Wahl: Du bekommst 100 Euro in sechs Jahren oder 200 Euro in neun Jahren. Wofür würdest du dich entscheiden? Denk’ drüber nach, und sei ehrlich zu dir selbst. Die meisten Menschen wählen wohl jetzt die zweite Option. Doppelt so viel Kohle! Und auf die drei Jahre kommt es dann ja echt auch nicht mehr an…

Andere Frage: Was wäre, wenn deine Wahl zwischen 100 Euro heute und 200 Euro in drei Jahren fallen müsste? Wenn du rational rechnest und dieselbe Lösung ansetzt, würdest du dich natürlich wieder für Variante zwei entscheiden. Wie sieht es bei dir aus? Hör’ mal in dich rein, welche Gedanken dir durch den Kopf gehen. Aber in diesem Fall entscheiden sich die allermeisten Menschen für die schnellen 100 Euro. Wär’ bei dir auch so? Bei mir auch. Ist so. Das bedeutet, dass dein Urteil, mein Urteil und das Urteil ganz, ganz vieler Menschen durch die Aussicht auf eine sofortige Belohnung verzerrt wird. Wir messen dem künftigen Gewinn weniger Wert bei als dem Gewinn, den wir jetzt direkt in der Tasche hätten!

Die Neigung, die Zukunft komplett zu vergessen

Wenn die kurzfristige Belohnung näher rückt und buchstäblich zum Greifen nah erscheint, explodiert nahezu deine Neigung, die Zukunft einfach mal komplett zu vergessen. Es ist egal, was in zwei Wochen ist, es ist egal, was in einem Monat ist.

Das kannst du wirklich mal mit einer Sucht vergleichen: Der Süchtige ist aufgrund seiner Gier nicht in der Lage, über die eine nächste Stunde hinauszudenken. Wenn du erst einmal an dem Punkt bist, die Zukunft abzuwerten, dann machst du dir keine Gedanken mehr. Du kennst das bestimmt selbst: Wenn du richtig gesoffen hast und dann der Kater am nächsten Morgen fröhlich Hallo sagt. Und beim nächsten Suff hast du natürlich längst deinen Schwur vergessen, für den Rest deines Lebens keinen Alkohol mehr anzurühren. Keinen Tropfen.

Jetzt kommt meine Botschaft für dich: Die zukünftigen Gewinne scheinen unbedeutend zu sein im Vergleich zu der jetzigen Erleichterung oder zu dem jetzigen Bekommen. Das ist die Schnittkante oder die Schnittmenge zum Thema Disziplin. Disziplin ist die Möglichkeit des Bedürfnisaufschubs, das ist eine meiner Definitionen für Disziplin. Das Bedürfnis aufschieben zu können, auszuhalten, bis zu dem Punkt, wenn es soweit ist.

Die Wahl zwischen Übersprungshandlung und den letzten fünf Prozent

Versteh’ mich nicht falsch – ich kenne das alles natürlich. Ich wäre auch einer von denen gewesen, die sagen, „Gib mir die 100 Euro! Jetzt!“ Ich bin auch derjenige, der gesagt hat, „Sechs oder neun Jahre, da nehme ich die neun, das kommt dann nicht mehr darauf an, Leute.“ Das macht was in meinem Kopf und natürlich auch in meinem Business.

Was hat das alles mit Büchern und Autorencoaching zu tun? Ich kenne diese Gedanken eben. Nicht nur von mir, sondern auch von einigen meiner Kunden. Kunden, die kurz vor dem Ende sind, wirklich Zeit, Herz, Geld in mich oder in andere investiert haben. Am besten in sich selbst. Und dann kommt diese Übersprungshandlung. Kennst du das auch? Reflektier’ das für dich. Diese Übersprungshandlung kurz vor dem Ende. „Jetzt ist es mir scheißegal, wie es wird. Nehmen wir einfach irgendein Cover!“ oder „Noch einmal drüber lesen? Das will nicht!“ Das ist eigentlich auch ok. Wenn du oft genug drüber geschaut hast, ist es irgendwann eine gute Idee, es einem Lektor zu geben. Ansonsten meine ich dieses „Ich kann nicht mehr!“ oder „Ich will, dass es jetzt endlich abgeschlossen ist!“

Und das ist etwas Natürliches! Autoren stehen unter einem sehr großen Druck, der sich aufbaut. Sie wollen ihr Buch einfach nur noch in den Händen halten, das Buch, an dem sie über Monate geschrieben und gearbeitet haben. Das Buch, wo sie sich entblößt haben, über das sie sich gefreut haben, mit dem sie tolle Momente und beschissene Momente hatten.
Jetzt soll es endlich fertig sein. Deswegen kenne ich das von meinen Kunden, dass sie sagen, „Komm, lass uns einfach auf diesen Knopf drücken. Lass uns einfach dem Verlag sagen, dass sie es rausbringen sollen, auch, wenn es vielleicht noch nicht bei 100 Prozent ist.“

Meine Bitte an dich ist über Folgendes nachzudenken: 100 Prozent Perfektion gibt es nicht. Gibt es ein Buch, wo kein Rechtschreibfehler drin ist? Wo man sich nicht drüber streiten kann? Nein! Wichtig ist, dass du deine letzten fünf Prozent noch nehmen und investieren solltest für ein noch geileres Buch. Ein Buch, was dir noch mehr Freude bereiten wird. Das ist das, was ich möchte. Bücher sollen Freude bereiten: dir als Autor im zweiten Schritt und natürlich deinen Lesern im ersten Schritt. Denn die Leser sind diejenigen, für die du dein Buch geschrieben hast. Du hast diese fünf Prozent zum Schluss noch in dir. Mach’ was draus! Investiere sie in dein Buch und dein Business und nicht in eine Übersprungshandlung!

Wenn dir klar geworden ist, dass JETZT die ZEIT für dein BUCH gekommen ist und nicht erst in sechs oder neun Jahren, dann sollten wir miteinander reden. Sofort!

> Podcast (08:45 Min)

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